In der Fachzeitschrift Ethik & Unterricht 2/2019 ist ein Beitrag von unserem Mitarbeiter Benedikt Krüger über Demokratische Schulen erschienen.
Hier geht es zum Artikel (zum Lesen des vollständigen Artikels ist eine Anmeldung nötig). Man kann auch die einzelne Zeitschrift bestellen. Vielleicht hat eine Bibliothek in deiner Nähe diese Ausgabe.
Hier ein Auszug:
Demokratische Schulen: individueller, sozialer und schöner Lernen
Frei und selbstbestimmt das lernen, was ich möchte, wie und mit wem ich möchte – das ist nur ein Grundsatz von demokratischen Schulen. Warum demokratische Schulen für unsere Gesellschaft wichtig sind, welches Konzept sie verfolgen und was der Unterschied zu regulären Schulen ist, wird hier beschrieben.
I – Ankunft an einer demokratischen Schule
Als ich im Frühjahr 2018 an der ›Demokratischen Schule X‹ in Berlin Reinickendorf anfing (eine Gemeinschaftsschule von der 1. bis zur 10. Klasse mit ca. 50 Schülerinnen und Schülern und 12 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern), war ich zunächst vor allem überrascht über den sozialen Umgang miteinander. Die Großen erinnerten die Kleinen an Regeln und umgekehrt. Die Erwachsenen fügten sich völlig gleichwertig in das Bild ein, außer dass von ihnen noch stärker erwartet wurde, über alles Bescheid zu wissen. Das liegt in der Natur der Sache. Die jungen Menschen waren neugierig und kamen auf mich zu, sodass ich gleich von Anfang an gute Gespräche hatte. Gleich zu Anfang erfuhr ich, dass die Schule bei ihrer Gründung 2007 keine einzige Regel besaß. Mit der Zeit entwickelte die Schulgemeinschaft ein Regelwerk, das über 130 Seiten umfasst.
Klassenräume gab es – damals wie heute – im herkömmlichen Sinne nicht, nur zwei Arbeitsräume und ein stilles Kämmerchen mit Tischen und Stühlen. Ansonsten wirkt das Gebäude auch jetzt noch eher wie ein großer Jugendclub mit Hof. Es gibt ein Labor, eine Werkstatt, eine Bibliothek, eine Sporthalle in der Nähe, ein Musikzimmer und eine Teeküche. Die Kinder wuseln dort herum und gehen ihren Beschäftigungen nach.
Als ich bei meinem ersten Besuch in den Versammlungsraum eintrat wurde gerade besprochen, wer, an welchem Tag, Zeit hat, in der Rechtsversammlung mitzuhelfen. Später saß ich draußen im Hof auf einer Bank, einige Kinder machten ein Chemie-Experiment an der freien Luft, andere spielten in den Bäumen, Teenager saßen in einer Ecke und unterhielten sich, jemand spielte Gitarre. Es setzte sich ein junges Kind zu mir und fragte mich, ob ich aus einem Buch vorlesen könnte, dabei fragte es, wie manche Buchstaben und Wörter ausgesprochen werden. Später kam ein älteres Kind mit einer Teetasse und ich fand mich in einem Gespräch darüber wieder, ob es diese Tasse wirklich gibt oder nicht. Wir sprachen über Kants transzendentalen Subjektivismus, auf eine tiefe und natürliche Weise. Ich war beeindruckt von diesen nicht-konventionellen Lernprozessen. Abends durfte ich noch zum Grillen bleiben, das anlässlich einer Schulübernachtung stattfand. Zuhause war mir klar, dass ich mehr über die Demokratische Schule X lernen und ein Teil von ihr werden wollte.
Ethik & Unterricht 2/2019